Endlich konnte mit dem vierten „Andernacher Psychiatriedialog“ in der Rhein-Mosel-Fachklinik wieder eine Präsenzveranstaltung stattfinden. Das Thema, das sich durch die Vorträge zog, war überaus aktuell: „Was trägt durch schwere Zeiten?“ Die innerpsychische Fähigkeit, sich nach Krisen zu erholen, ist aus der psychiatrischen Fachwelt und auch aus dem Alltag nicht wegzudenken – in besonderen Krisenzeiten, wie wir sie aktuell erleben, spielt sie eine besondere Rolle. Förderung von Resilienz ist daher Grundlage vieler präventiver und gesundheitsfördernder Ansätze.
Dass dennoch Menschen in Situationen geraten können, die so intensiv und bedrohlich sind, dass eine Erholung Zeit braucht und manchmal ohne professionelle Hilfe nicht möglich ist, zeigten in den letzten Monaten die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe im Ahrtal und zeigt aktuell der Krieg in der Ukraine. Hier waren und sind Spezialisten der Psychiatrie ganz besonders gefordert.
Traumatisierte Kinder spielend erreichen
Der Diplom-Sozialarbeiter Stefan Flegelskamp berichtete über die Evidenzbasierte Traumastabilisierung, ein internationales Projekt, das er mit Kolleg:innen etablierte, um Kindern, die traumatische Erlebnisse hatten, „spielend“ zu helfen. Gemeinsam mit den Eltern werden die Kinder in Stabilisierungstechniken geschult – Flegelskamp unterstrich in seinem Vortrag ausdrücklich, dass es keine Psychotherapie ist. Spiele, so der Referent, der bereits in Gaza, Syrien und in der Ukraine arbeitete, bedeuten die „Sprache der Kinder“ und sind der „Königsweg, um sie zu erreichen“.
Mit der Flutkatastrophe im Ahrtal waren auch die Fachleute der Rhein-Mosel-Fachklinik gefordert. Dr. Andreas Konrad, Chefarzt der Allgemeinpsychiatrie und Ärztlicher Direktor der RMF, sowie Anne Leber, Leitender Psychologin der RMF, berichteten von ihren Erfahrungen und beschrieben die Phasen der Traumatisierungen. In der aktuellen Ausgabe des „forum Magazin“ finden Sie eine ausführliche Beschreibung der Thematik.
Bericht zum Traumhilfezentrum Ahrtal
Der Diplom-Psychologe Thomas Weber, Geschäftsleitung des Zentrums für Trauma und Konfliktmanagement Köln, sprach über psychische Belastungen infolge der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal und durch die Corona-Pandemie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Dr. Katharina Scharping schließlich berichtete von der Arbeit des Traumahilfezentrums Ahrtal. Die Chefärztin der Dr. von Ehrenwall`schen Klinik Ahrweiler ist Leiterin des Traumahilfezentrums, das als kostenloses Angebot den Menschen im Ahrtal zur Verfügung steht. Doch die fünf möglichen Beratungen reichen in der Regel nicht, erzählte sie - sie war „überrascht“, wie krank viele Menschen sind, die Hilfe suchen. Und sie verzeichnet eine zunehmende Inanspruchnahme durch Betroffene wie auch durch Helfende.
Im letzten Vortrag des Tages wurde über den Mehrwert von APN für die multiprofessionelle Behandlung gesprochen. Sarah Jordan legte dar, wie die Fachkompetenz ihrer Berufsgruppe der akademisierten Pflegekräfte auch bei traumatisierten Patient:innen eingesetzt werden kann.
Unterstützend für alle Professionen
Pflegedirektorin Rita Lorse und Karlheinz Saage, Direktor des Bereichs Fördern I Wohnen / Pflegen – Gemeindepsychiatrie, sprachen am Ende von einem „sehr interessanten“ und „lehrreichen“ Veranstaltungstag, der für alle Professionen sehr unterstützend gewesen sei. „Jeder hat etwas mitgenommen.“